Illustration einer überlasteten Physiopraxis mit Papierstapeln neben einer Patientin, die entspannt ihr Smartphone nutzt – symbolisiert moderne Erwartungen versus reale Praxisstrukturen.

Immer mehr Praxen erleben, dass moderne Serviceerwartungen der Patienten frontal auf ein überlastetes Gesundheitssystem treffen – und genau dort beginnt der eigentliche Konflikt.

Willkommen im Jahr 2025 – oder doch eher 1997?

Patienten leben heute in einer Welt, in der Pizza live trackbar ist, Verträge digital unterschrieben werden und Lieferanten in Echtzeit anzeigen, wann sie an der Haustür klingeln. Kurz: Alles funktioniert schnell, transparent und meist ohne großen Aufwand.

Serviceerwartungen entstehen heute nicht mehr in der Praxis, sondern in Apps.
Und das verändert Patientenerwartungen schneller, als das System es ausgleichen kann.

Und dann versuchen dieselben Menschen, einen Termin in der Physiotherapie zu bekommen. Plötzlich fühlt sich alles an wie ein kurzer Ausflug zurück in eine Zeit, in der man noch CDs gebrannt hat: Anrufbeantworter, Rückruflisten, Wartezeiten von mehreren Wochen. Nicht, weil jemand unwillig wäre, sondern weil das System es nicht anders zulässt.

Die Enttäuschung der Patienten ist real. Die Überforderung der Praxen ebenso. Und beide Seiten fühlen sich ein bisschen unverstanden.

Warum Patienten heute mehr erwarten als früher – und warum das völlig logisch ist

Die Diskussion über Digitalisierung klingt oft so, als müsste man „die Älteren“ mitnehmen, während die Jüngeren völlig selbstverständlich überall mithoppeln. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Ja, viele ältere Menschen sind vorsichtig mit digitalen Anwendungen. Aber viele sind heute überraschend fit damit – und können Bankgeschäfte, Behördenanliegen oder Arzttermine problemlos online erledigen.

Die eigentlich spannende Gruppe ist eine andere: die Menschen zwischen 20 und 40. Diese Generation ist nicht digital-affin – sie ist digital sozialisiert. Sie bucht, organisiert, verwaltet, plant und kommuniziert komplett online. Für sie ist ein analoges Terminbuch nicht „schwierig“, sondern schlicht unverständlich. Nicht aus Überheblichkeit, sondern weil ihr Alltag so nicht funktioniert.

Alle reden davon, dass ältere Menschen digital abgehängt werden könnten. Aber niemand spricht darüber, dass Jüngere analog längst nicht mehr mitkommen.

Wenn ein Patient morgens noch eine Bahn-App nutzt, die live zeigt, wie voll der Waggon ist, wirkt ein „Bitte rufen Sie später noch einmal an“ einfach aus der Zeit gefallen – egal wie sehr sich eine Praxis bemüht. Diese digitale Selbstverständlichkeit prallt in der Physiotherapie auf Strukturen, die nicht dafür gemacht wurden. Und genau dort entsteht der Frust: Patienten erwarten Transparenz – Praxen können sie nicht bieten, weil die Rahmenbedingungen dafür fehlen.

Warum Praxen nicht liefern können – selbst wenn sie wollten

Therapeuten wollen helfen. Sie wollen Termine ermöglichen. Sie wollen die Versorgung sicherstellen. Aber sie können nicht, und zwar aus Gründen, die weit über den Praxisalltag hinausgehen:

  • jahrelanger Fachkräftemangel (Artikel VPT)
  • zu geringe Ausbildungszahlen
  • politische Reformen, die im Tempo eines Gletschers kommen
  • eine GKV-Budgetlogik, die Versorgung begrenzt
  • wachsender Druck durch demografischen Wandel
  • Papierprozesse, die selbst Behörden inzwischen hinter sich gelassen haben

Kurz gesagt: Die Politik verspricht Modernisierung – aber Praxen bekommen vor allem mehr Aufgaben, weniger Zeit und kaum Planbarkeit. Dass Praxen keine Soforttermine verteilen können, liegt also nicht daran, dass sie keine Lust hätten, sondern daran, dass sie physisch nicht mehr Kapazitäten haben.

Warum die Nachfrage in der Physiotherapie weiter steigt

Die Nachfrage nach Therapie wächst seit Jahren – nicht nur wegen des demografischen Wandels. Chronische Beschwerden, Bewegungsmangel, Arbeitsbelastung und gesellschaftlicher Stress führen dazu, dass immer mehr Menschen regelmäßig Therapie benötigen. Gleichzeitig bleibt die Zahl der Therapeuten nahezu konstant. Das Ergebnis: Die Versorgungslücke wird größer, lange bevor Politik und Strukturen darauf reagieren.

Die Bürokratie – eine eigene Disziplin im Therapieraum

Während im Alltag vieler Patienten alles digital läuft, arbeiten Praxen in einem System, das sich offiziell digitalisiert, aber praktisch oft noch auf halber Strecke festhängt.

Verordnungen? Papier.
Datenschutzzustimmung? Papier.
Unterschriften? Mehrfach, handschriftlich.
Kommunikation mit Kassen? Öfter analog als digital.

Das ist kein Vorwurf an Therapeuten. Sie arbeiten schlicht in Strukturen, die ihnen keine andere Wahl lassen. Manchmal wirkt es, als wolle das Gesundheitswesen digital sprinten – nur leider in Holzschuhen. Und mitten darin stehen Praxen, die versuchen, allen gerecht zu werden: Patienten, Krankenkassen, Bürokratie, Fachkräftemangel, Versorgungsauftrag.

Der doppelte Frust: Patienten UND Praxen verlieren

Der eigentliche Konflikt:

  • Patienten wollen schneller Termine, mehr Transparenz, weniger Aufwand.
  • Praxen wollen entlastet werden, realistische Planung, klare Rahmenbedingungen.

Aber weil das System auf beiden Seiten nicht mithält, entsteht:

  • Frust beim Patienten („Die wollen nicht…“)
  • Frust bei der Praxis („Wir können nicht…“)

Und beide haben recht. Und beide liegen falsch.
Weil niemand wirklich versteht, dass das Problem nicht im Miteinander, sondern im System liegt.

Niemand kann liefern, was alle verlangen.
Und das liegt nicht an den Menschen – sondern an den Strukturen.

Was Praxen trotz allem tun können – ohne auszubrennen

Auch wenn Praxen das System nicht ändern können, gibt es Möglichkeiten, die Situation zu entschärfen:

  • Klare Kommunikation statt falscher Hoffnung
    Wenn Patienten wissen, was sie erwartet, ist die Enttäuschung geringer, als wenn sie es erst im Prozess erfahren.
  • Digitale Touchpoints, wo sie sinnvoll sind
    Nicht als Trend, sondern als Entlastung: weniger Unterbrechungen, weniger Telefonstress, weniger Chaos.
  • Strukturen, die das Team schützen
    Je klarer Abläufe sind, desto weniger gehen Kraft und Konzentration in ständigen Mikrounterbrechungen verloren.

  • Grenzen definieren
    Praxen müssen nicht „alles möglich machen“. Sie müssen nur klar kommunizieren, was möglich ist.

Diese Schritte lösen nicht alle Probleme. Aber sie schaffen Raum – und genau den brauchen Praxen dringend.

Niemand muss alles liefern. Aber jeder kann etwas tun.

Die Erwartungen der Patienten werden weiter steigen. Die strukturellen Probleme werden nicht von heute auf morgen verschwinden. Und Praxen müssen weder Superhelden sein noch Service-Roboter, die jede Anfrage erfüllen.

Worauf es ankommt, ist etwas anderes: Klarheit darüber, was möglich ist. Strukturen, die den Alltag tragen. Erwartungen, die realistisch und fair sind. Digitale Wege, die entlasten, statt zusätzlichen Druck zu erzeugen. Und politische Rahmenbedingungen, die endlich anerkennen, wie viel Verantwortung Praxen jeden Tag schultern.

Genau hier sehen wir uns bei Henara an der Seite der Therapeuten. Nicht als lauter Reformrufer, sondern als Partner im Hintergrund, der Abläufe ordnet, Prozesse vereinfacht und Raum schafft für das Wesentliche: gute Therapie und ein Team, das nicht im System verschleißt.

Wir können das Gesundheitswesen nicht über Nacht verändern. Aber wir können dafür sorgen, dass es Praxen leichter haben. Und manchmal beginnt echter Fortschritt genau dort: bei Lösungen, die den Menschen im Alltag wirklich spürbar entlasten.